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Eindrucksvoll bebildertes, opulent ausgestattetes und überzeugend gespieltes Historiendrama, in dem der als Feigling verrufene Heath Ledger seinen hoffnungslos unterlegenen Kameraden zu Hilfe eilt

Am 4. April 1979 kam im westaustralischen Perth ein Mann zur Welt, der einmal zu den prägendsten Jungschauspielern seiner Generation heranwachsen und trotz einer leider viel zu kurzen Karriere einen bleibenden Eindruck und große Kunst hinterlassen würde. Angefangen mit seiner ersten großen Rolle in der modernen Shakespeare-Adaption „10 Things I Hate About You“ (1999) nach der „Widerspenstigen Zähmung“, über unvergessliche Nebenrollen in Roland Emmerichs Kriegsepos „The Patriot“ (2000) als Mel Gibsons Sohn, in Marc Forsters „Monster’s Ball“ (2001) als Billy Bob Thorntons verhasster Sohn, hin zu seiner Hauptrolle als homosexueller Schafhüter Ennis del Mar in den konservativen 60er und 70er Jahren in Ang Lees herzzerreißendem Liebesdrama „Brokeback Mountain“ (2005), für das er eine Oscar-Nominierung als Bester Hauptdarsteller erhielt und schließlich seine überwältigende, stilbildende und legendäre Schurkenrolle in Christopher Nolans Comic-Blockbuster „The Dark Knight“ (2008), die ihm posthum Oscar, Golden Globe, SAG Award und unzählige weitere Preise einbrachte. Am 22. Januar 2008 starb Ledger in seinem New Yorker Apartment an einer versehentlichen Medikamentenüberdosis.

© 2002 Jaap Buitendijk, Paramount Pictures. Alle Rechte vorbehalten.

Anlässlich seines 45. Geburtstages möchte ich aber auf einen Film und eine Rolle Ledgers verweisen, der seit seiner Veröffentlichung 2002 nahezu in Vergessenheit geraten ist und sowohl bei Kritikern und Zuschauern wenig Beachtung fand. Zu Unrecht, wie mir scheint. Vom indischen Filmemacher Shekhar Kapur in Szene gesetzt, ist diese Verfilmung des 1902 veröffentlichten Romans von A.E.W. Mason, die bereits siebente, ein kurzweiliges und überaus spannendes Kriegsdrama, das in der Masse an Schlachtplatten, die zu Beginn des neuen Jahrtausends produziert wurden, unterging.

1884, zur Zeit der Kolonialisierung des afrikanischen Kontinents: die Briten, die Afrika von Kap bis Kairo unter ihr Protektorat stellen wollen, stehen im von Ägypten beherrschten Sudan schwer unter Beschuss. General Gordon wird von den Truppen des Mahdi eingekesselt. Nun soll die Garnison der „Royal Cumbrians“, der auch die befreundeten Offiziere Harry Feversham (Heath Ledger), Jack Durrance (Wes Bentley), William Trench (Michael Sheen), Tom Willoughby (Rupert Penry-Jones) und Edward Castleton (Kris Marshall) angehören, in den Sudan einrücken. Harry, der sich gerade erst mit der schönen Ethne (Kate Hudson) verlobt hat, in die auch Jack verliebt ist, quittiert aber gleich darauf seinen Dienst, da er niemals als Soldat in einen Krieg ziehen wollte und nur seinem Vater zuliebe Offizier wurde. Von seiner offenkundigen Feigheit schockiert und angewidert, senden ihm Trench, Willoughby, Castleton und sogar Ethne eine weiße Feder, ein Zeichen für Feigheit. Sein Vater leugnet gar, Harry zu kennen. Als die Soldaten jedoch drohen, in ein Himmelfahrtskommando zu laufen, macht sich Harry auf die beschwerliche Reise an die Front, um seine Freunde zu retten und seine Ehre wiederherzustellen. Dabei steht ihm der Söldner Abu Fatma (Djimon Hounsou) zur Seite.

© 2002 Jaap Buitendijk, Paramount Pictures. Alle Rechte vorbehalten.

Harry ist eine Figur wie gemacht für einen Charakterdarsteller vom Kaliber eines Heath Ledger. Sie erlaubt ihm, verschiedene Facetten seiner Persönlichkeit auszuloten. Der moralische Widerspruch, in dem er sich befindet: die Loyalität gegenüber seinen Freunden und seiner Verlobten. Die Wandlung vom ausgegrenzten Feigling hin zu einem draufgängerischen Helden, der schon mal alleine durch die sengende Wüste marschiert, um zu seinen Freunden zu gelangen, wirkt nicht immer plausibel und wird vom Drehbuch als gegeben angenommen, macht seine Heldenreise dafür umso mitreißender und – je länger seine Odyssee andauert – umso herausfordernder, sowohl körperlich als auch psychisch. Neben Ledger besticht in diesem Film am meisten Djimon Hounsou, ein Charakterdarsteller, der leider selten die Bewunderung erhält, die ihm zusteht: in Filmen wie Steven Spielbergs „Amistad“ (1997), als Anführer einer Sklavenrevolte auf einer Galeere, als Maximus‘ treuer Mitstreiter in Ridley Scotts meisterlichem Historiendrama „Gladiator“ (2000) sowie hier bringt er eine starke Leinwandpräsenz mit, die man nicht so schnell wieder vergisst.

Kameramann Robert Richardson fängt die epischen Schlachten mit viel Detailverliebtheit und wuchtigen Panoramen ein, die von Editor Steven Rosenblum gekonnt montiert und vom legendären Komponisten James Horner gewohnt emotional und melodisch untermalt werden. Die etwas über zweistündige Laufzeit fühlt sich an keiner Stelle zu lang oder zu kurz an, wenngleich das etwas antiklimatische Ende hier etwas aus der Rolle fällt.

Unterm Strich bleibt „The Four Feathers” ein gekonnt inszeniertes, spannend aufbereitetes und, besonders von Ledger und Hounsou, gut gespieltes Kriegsdrama, dessen pazifistische Botschaft zwar nicht gänzlich durchdringt, aber nichtsdestotrotz die Sinnsuche und die charakterliche Entwicklung seines Helden überzeugend rüberbringt.

Trailer:

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